Das Erbbaurecht: Falle oder Chance für Käufer?

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Dieser Beitrag wurde am 23. Mai 2019 veröffentlicht und könnte veraltete Informationen enthalten.

Bereits seit 1919 gibt es in Deutschland die Erwerbsform „Erbbaurecht“. Die Grundidee vom Erbbaurecht ist es, insbesondere einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen den Traum vom eigenen Haus zu erfüllen. Im Gegensatz zu einem real geteilten Grundstück spart der Erbbaurechtsnehmer den Bodenwert und zahlt im Gegenzug eine jährliche Pacht. Bis heute bestehen jedoch Vorbehalte gegen das Erbbaurecht. Doch sind diese Ängste begründet? Dieser Artikel zeigt auf, wann sich das Erbbaurecht für Käufer rechnet und wann Sie besser die Finger davon lassen sollten.

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1. Rechtliche Grundlagen

Das Erbbaurecht ist im Erbaurechtsgesetz (ErbbauG) geregelt und beinhaltet das veräußerliche und vererbliche Recht auf oder unter der Erdoberfläche des belasteten Grundstücks ein Bauwerk zu errichten (§ 1 Abs. 1 ErbbauG). Es handelt sich faktisch um ein beschränktes dingliches Recht, das auf dem Grundstück lastet, seinerseits jedoch wie ein Grundstück im Rechtssinne behandelt wird (§ 11 ErbbauG). Erbbaurechte erhalten ein eigenes Grundbuchblatt (Erbbaugrundbuch).

In der Praxis wird das Erbbaurecht häufig zur Förderung sozialpolitisch erwünschter Bauvorhaben eingesetzt. Vorteil ist, dass der Erbbauberechtigte zunächst den Bodenwert spart und „nur“ einen Erbbauzins zu zahlen hat.

Das Erbbaurecht kann – so in der Regel – befristet (§ 1 Abs. 4 ErbbauG). Das Erbbaurecht ist wie Grundstückseigentum durch notariellen Vertrag übertragbar. Der Grundstückseigentümer (oft Gemeinden oder die Kirche) muss hierzu seine Zustimmung erteilen (§ 5 Abs. 1 ErbbauG). Das Erbbaurecht ist wie ein Grundstück – im Rahmen der Befugnisse des Erbbauberechtigten – belastbar.

Das Erbbaurecht erlischt zumeist durch Ablauf der vereinbarten Zeit oder durch Aufhebungserklärung des Erbbauberechtigten mit Zustimmung des Grundstückseigentümers (§§ 26, 27 ErbbauG). Im Falle des Erlöschens wegen Zeitablauf steht dem Erbbauberechtigten zudem eine Entschädigung für das Bauwerk zu. Bei Wohngebäuden beträgt diese mindestens 2/3 des gemeinen Wertes des Bauwerkes im Zeitpunkt des Ablaufes des Erbbaurechtes.

Nach § 30 WEG besteht auch die Möglichkeit, ein Wohnungserbbaurecht ähnlich dem Wohnungs- bzw. Teileigentum zu bestellen

2. Die Berechnung des Erbbauzinses (Pacht für das Grundstück)

Der jährliche Erbbauzins bemisst sich nach dem Bodenwert und einer marktüblichen Rendite, die durch regionale Erbbauzinssätze ihren Ausdruck findet. Somit ist die Höhe des Erbbauzinses maßgeblich vom Bodenwertniveau (Lagewertigkeit) und der (Grundstücks)Rendite abhängig. Beispiel zur Berechnung des Erbbauzinses:

100.000 € (Bodenwert) x 3 % (Erbbauzinssatz) = 3.000 € (jährlicher Erbbauzins)

Der Erbbauzins kann somit auch als übliche Bodenwertverzinsung verstanden werden.


3. Änderung/Anpassung des Erbbauzinses

Der Eigentümer möchte normalerweise sicherstellen, dass er einen Ausgleich für den Kaufkraftverlust für den bei Vertragsbeginn vereinbarten Erbbauzins vom Erbbauberechtigten erhält. Daher enthalten Erbbaurechtsverträge i.d.R. sogenannte Anpassungsklauseln (Wertsicherungsklauseln). Oft orientieren sich diese am Verbraucherindex, der vom statitischen Bundesamt veröffentlicht wird. Oft wird diese Anpassung in größeren Abständen (bsw. alle 3 Jahre) angepasst Zudem gibt es eine Reihe von gesetzlichen Einschränkungen aber auch Erhöhungsmöglichkeiten bei fehlender Anpassungsklausel gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung. Bezüglich der Anpassungsmöglichkeiten ist zu unterscheiden, ob das Grundstück Wohnzwecken dient, oder anderweitig (gewerblich) genutzt wird. Denn die Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses sind bei Wohnnutzung im Allgemeinen begrenzt auf die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse (Mittel aus der Änderung der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen und der Änderung des Bruttoeinkommens der Industriearbeiter und der Angestellten in Industrie und Handel). Die Berücksichtigung von Änderungen der Bodenwertverhältnisse ist in der Regel ausgeschlossen (vgl. § 9a ErbbauRG). Bei Erbbaurechtsverträgen, die keine Regelung über die Anpassung enthalten, kann bei langen Laufzeiten ein Anpassungsanspruch wegen Wegfalls der objektiven Geschäftsgrundlage bestehen (Kaufkraftschwund > 60 % zu).

4. Vor- und Nachteile des Erbbaurechts

Die allgemeinen Vor- und Nachteile für den Erbbauberechtigten sind zusammenfassend:

Vorteile:
Einsparung des Grundstückspreises

Nur moderate Anpassung des Erbbauzinses bei Wohnerbbaurechten möglich

lange Laufzeiten (i.d.R. 99 Jahre)

Nachteile:
jährliche (ggfs. auch vierteljährliche oder monatliche) Zahlung des Erbbauzinses

Finanzierungshürden, da meist nur 60 bis 80 % des Kaufpreises beleihungsfähig sind

Zustimmung des Grundstückseigentümers bei Verkauf/Finanzierung muss eingeholt werden – i.d.R. kein Problem

Ob sich ein Erbbaurecht lohnt oder nicht, hängt entscheidend von folgenden Faktoren ab:

· der Höhe des vereinbarten Erbbauzinses

· den Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses

· der (Rest)Laufzeit des Erbbaurechts

Diese Parameter sind im Erbbaurechtsvertrag geregelt. Daher ist eine sorgfältige Prüfung des Vertrages Grundvoraussetzung für die Kaufentscheidung.

Da sich er Erbbauzins bei Wohnbaugrundstücken lediglich nach der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse verändern darf, wächst der jährliche Vorteil des Erbbaurechtsnehmers in Gegenden, wo die Bodenpreise stärker steigen. Dies ist vor allem in Städten und Metropolregionen der Fall. Angesichts der sehr hohen Bodenpreise in deutschen Städten kann daher die Erwerbsform Erbbaurecht eine echte Alternative zu einem Grundstück sein. In ländlichen und strukturschwachen Regionen kann die Zahlung des Erbbauzinses hingegen zu einer Belastung werden. Zudem ist die Restlaufzeit des Erbbaurechts von Bedeutung. Bei Restlaufzeiten von weniger als 30 Jahren gewinnt die evtl.vereinbarte Gebäudeentschädigung bei Heimfall (Rückgabe des Erbbaurechts an den Grundstückseigentümer) an Bedeutung und sollte besonders beachtet werden.

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